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Volker Renner, der Sammler und Recycler gefundener Fotos, hat eine neue Quelle erschlossen: die Website „Faces of the Riot“, die wenige Wochen nach der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021 online ging die Gesichter von Menschen, die vermutlich am Angriff auf die Demokratie beteiligt waren. Die Brisanz des Materials besteht darin, dass es von den mutmaßlichen Tätern selbst stammt. Sie waren es, die ihre privaten Aufnahmen auf Websites wie der Social-Media-Plattform „Parler“ hochluden und vor einem gleichgesinnten Publikum mit ihren Taten prahlten. Weit davon entfernt, als Galerie mutiger Profile zu dienen, ist „Faces of the Riot“ vielmehr eine zeitgenössische Version des mittelalterlichen Prangers.
In der Tradition der „Most Wanted“-Plakate des Wilden Westens hat die Website dem FBI dabei geholfen, Informationen über Verdächtige zu beschaffen. Die Jäger werden gejagt. Allerdings wirft diese Praxis auch Fragen der Rechtmäßigkeit und Bedenken hinsichtlich der Überwachung durch Algorithmen auf. In „Potential Sightings“ verdichtet Volker Renner die über 5.000 „Faces of the Riot“ zu einem Porträt des Grauens und der Empörung. Indem er sich auf die unscharfen Bilder konzentriert, lehnt er es ab, das forensische Potenzial des Materials zu befürworten, und betont stattdessen dessen unmenschlichen und fremdartigen Aspekt. Der Begriff „potenzielle Sichtung“ wird typischerweise mit Wesen aus dem Weltraum, Tieren oder Menschen in Verbindung gebracht, die vermutlich tot sind. Das Versagen der Gesichtserkennung verleiht den Bildern hingegen eine malerische und abstrakte Qualität, die an Schmerzdarstellungen bei Edvard Munch oder Francis Bacon erinnert.
Herausgegeben von Volker Renner und Textem Verlag
Weiche Abdeckung
480 Seiten
160 x 215 mm
ISBN 9783864852589